Equal Pay Day: Die Lohnwelt bleibt ungerecht

Frauen sind in Deutschland heute zwar häufiger berufstätig als noch vor zehn Jahren – in gleichen Positionen werden sie aber nach wie vor schlechter bezahlt als ihre männlichen Kollegen. Der Equal Pay Day erinnert jedes Jahr an diese „Gender Pay Gap“ – verändert  hat das bisher wenig. Berufs-Expertin Dörte Götz rät Frauen ebenso wie Männern, nicht auf das große gesellschaftliche Umdenken zu warten, sondern selbst aktiv zu werden.

Deutschland schneidet schlecht ab
Offizielle Quellen gehen in Deutschland von einem Lohnunterschied – in gleicher Position – von 22 Prozent zwischen Männern und Frauen aus. „Damit belegen wir EU-weit den dritten Platz in der Statistik“, so Expertin Dörte Götz. Nur in Österreich und Estland ist es noch ausgeprägter. Anführer ist dagegen Slowenien mit einem offiziellen Lohnunterschied von nur zwei Prozent. Dörte Götz ist überzeugt, dass die Statistik, zumindest was Deutschland betrifft, die wahren Verhältnisse dabei noch beschönigt. „Ich gehe eher von bis 40 Prozent aus.“

Warum das Ungleichgewicht?
Die Gründe, warum dies so ist, werden seit Jahren debattiert. „Abseits von politischem Wunschdenken machen viele Frauen die Erfahrung, dass Männer lieber Männer einstellen“, so Berufscoach Dörte Götz – vielleicht ein Relikt auf der Basis patriarchalischer Denkmuster. Dies erklärt jedoch nicht abschließend die Gehaltsunterschiede, denn Frauen besetzen jenseits von Quoten zunehmend höhere und Führungspositionen. Arbeitnehmerinnen werden jedoch immer wieder mit Stereotypen konfrontiert: Sind sie mit ihrem Führungsstil wirklich geeignet für Leitungsfunktionen? Können Sie ausfallen durch Babypause, Kindererziehungszeiten oder erkrankte Kinder? „Wenn Unternehmen nur noch nach kurzfristigen wirtschaftlichen Interessen handeln, bleiben Frauen selbstverständlich auf der Strecke“, kommentiert Dörte Götz. „Ob das auf Dauer in die falsche Richtung gedacht ist – das kann jeder selbst beurteilen.“

Gehaltsunterschied nur eine Facette
Diese Erfahrung, dass Männer und Frauen im Berufsleben unterschiedlich behandelt werden, machen viele Frauen. „Es fing an bei den Blicken und endete bei herablassenden Kommentaren, die andere Kollegen an mich herantrugen“, erklärt eine Arbeitnehmerin, die lieber anonym bleiben möchte.  Bei Meetings habe sie sich zunehmend unwohl gefühlt und irgendwann selbst an ihrer Kompetenz gezweifelt – trotz durchgehender Erfolge mit Geschäftspartnern und Kunden. Nach zwei Jahren erfuhr sie dann von einem gleichaltrigen Kollegen, dass dieser bereits 1000 Euro mehr verdiente. Die ungleiche Bezahlung war in diesem Fall nur die Spitze des Eisbergs.

„Die Einstellung eines Vorgesetzten kann ich nicht ändern“, so Dörte Götz. „An meinem eigenen Auftreten aber kann ich arbeiten.“ Gerade die nonverbale Kommunikation spielt eine bedeutende Rolle im Berufsalltag.  Mädchen und Jungs werden unterschiedlich sozialisiert. Mädchen sollen brav sein, zurückhaltend, anpassungsfähig. An Jungen werden ganz andere Erwartungen gestellt. „Das weibliche Geschlecht lernt von Anfang an viel weniger, für sich und ihre Interessen einzutreten, sie lernen sich unsichtbar zu machen.“

Selbstsicheres Auftreten üben
„Genau das kann man aber trainieren“, so die positive Erfahrung von Dörte Götz. „Im Bewerbungszentrum Mainz beschäftigen wir uns häufig mit diesen Fragen. Die Frauen müssen sich einfach bestimmte Dinge von den Männern abschauen – ohne ihre Weiblichkeit zu verleugnen.“ Dazu gehöre auch, selbstbewusster in Gehaltsverhandlungen aufzutreten, sich nicht unter Wert zu verkaufen. Der Bewerbungsprofi steht jedoch grundsätzlich gegen eine Opferhaltung und Schwarz-weiß-Denken: „Es ist einfach wichtig, sich bestimmte Muster und Prozesse bewusst zu machen und konstruktiv daran zu arbeiten.“ Deshalb können Männer ebenso von Frauen lernen, beispielsweise in der Lösung von Konflikten. „Wir müssen empathisch sein und uns mit Respekt begegnen“, so das Fazit von Dörte Götz.